Wir sind keine echten Selbstversorger. Aber wir versuchen es in den grundlegenden, kleinen Dingen. Dahinter steht eine Lebenseinstellung, die weit mehr beinhaltet als Romantik in Gummistiefeln. Mit einem neuen US-Präsidenten und seinem zu erwartenden Einfluss auf die Menschheit und auf unseren Planeten stellt sich uns die Frage: Wer sind wir als Selbstversorger-Träumer in einer Welt mit beunruhigenden Strömungen? Pssst! Ja, wir sind Rebellen wider Willen, Eiferer für Mutter Erde und die Hüter einer freundlichen Zukunft.
Wir leben momentan in Kalifornien, am westlichen Rand von (bald) „Trumpland“. Obwohl die Menschen in unserer direkten Umgebung diesen neuen US-Präsidenten nicht gewählt haben, fühlen wir uns unwohl. Amerika hat ein neues Gesicht.
Dabei geht es mehr um ethische Werte als um Politik. Wir befürchten den Rückfall in eine Ära, die uns gestrig erschien. Eine Zeit, in der Rücksichtslosigkeit gegenüber Minderheiten und dem Planeten offen zur Schau getragen werden, in der das „Big Business“ wieder über allem anderen steht.
Die Angst einiger amerikanischer Menschen vor einer komplizierten Welt, in der sie ihre Identität als die Größten und Reichsten verloren haben, hat gesprochen. Die Angst ist begründet, denn es gibt Not in Amerika – und auf der ganzen Welt.
Diese Not kommt durch ein Wirtschafts- und Wertesystem, das uns alle zu Narren gemacht hat und unsere Lebensgrundlage – die Erde – ruiniert. Diese Not kann nicht mit den Mitteln geheilt werden, durch die sie entstand.
Wer schon einmal eine Panikattacke hatte weiß auch: Angst kann nicht durch noch mehr Panikreaktion überwunden werden. Es geht vielmehr darum, der Angst ins Gesicht zu schauen, Selbstbewusstsein zu entwickeln und ihr etwas ganz anderes zurückzugeben: Die Erfahrung von Liebe.
Wer sind wir als Selbstversorger-Träumer in dieser Welt?
Es beginnt mit dem Wunsch, einen Thymian-Sirup selbst zu machen oder den ersten Gemüsesamen in die Erde zu pflanzen. Das ist ganz natürlich und doch ist es heutzutage ein revolutionärer Akt. Es bedeutet einerseits etwas Neues auszuprobieren, etwas Schönes zu erleben und selbst etwas zu tun. Es zeigt andererseits auch, dass man einen Hustensaft nicht kauft, ein Gemüse nicht als fertiges Produkt ansieht und, dass man sich selbst nicht als unfähig oder machtlos versteht. Damit hat der Konsumalltag einen Riss bekommen und der Mensch dahinter regt sich wieder.
Nicht zu konsumieren ist nicht im Interesse von „Big Business“. Als Macher eines Thymian-Sirups sind wir revolutionär ohne es zu beabsichtigen.
Es geht weiter mit dem Wunsch, eine Kamillencreme selbst herzustellen. Das ist ein kleines Abenteuer und heutzutage sogar eine Position. Wir entscheiden uns einerseits gegen die Chemie in Fabrikware. Es sagt andererseits noch viel mehr aus. Wir wollen keine Gifte, weder in der Nahrung noch in Pflegeprodukten, schon gar nicht in der Luft oder im Wasser und noch weniger in den eigenen Gedanken und Herzen.
Kein Gift in sich zu haben ist ein fast unerreichbarer Zustand. Als Macher einer harmlosen Kamillencreme werden wir zu geistigen Kriegern gegen die innere und äußere Verseuchung.
Es zieht uns hinaus auf die Wiese, in den Wald, auf die Felsen und an den See. Der Wind weht uns über das Gesicht. Die Sonne scheint uns ins Herz. Die Luft riecht nach Erde. Dieses Sinneserlebnis gibt uns nicht nur Kraft. Es führt uns zurück zu uns selbst. Es erinnert uns daran, was wirklich wichtig ist und jenseits unserer Sorgen bestehen bleibt: Die Natur und unser innerer Kern – die miteinander verbunden sind.
Sich nicht einfangen zu lassen von den vielen negativen Nachrichten und Strömungen ist heutzutage essenziell für die geistige Gesundheit. Als Naturgänger bleiben wir mit unserem Kern verbunden und werden zu tief verwurzelten Bäumen im Sturm.
Was tun wir in dieser Welt?
Wenn der selbst gemachte Thymian-Sirup wirkt und der Husten verfliegt, dann haben wir eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Wir können uns von den gängigen Alltagsbeschwerden selbst heilen.
- Wir sind zu mehr fähig als wir gedacht hatten.
Wenn der Gemüsesamen aufgeht, wächst und uns seine Frucht zum Essen schenkt, dann haben wir etwas bemerkenswertes beobachtet:
- Wir sind abhängig von Mutter Erde und können nicht ohne sie. Wir schätzen sie mehr als jemals zuvor.
Wenn wir als Selbstversorger-Träumer eine Niederlage erleben, etwas nicht wächst, unsere Kraft nicht ausreicht, wir etwas nicht wissen, dann gehen wir zu unseren Nachbarn, schauen ins Internet oder reden mit Freunden.
- Wir sind nicht alleine.
All diese Erfahrungen haben wir aus dem Wunsch heraus gemacht, irgendwann Selbstversorger zu werden. Doch um Selbstversorger-Erfahrungen geht es nicht wirklich. Das ist nur unsere Brille, durch die wir die Welt sehen. Eigentlich haben wir Erfahrungen der Liebe gemacht. Es geht darum, ein echter Mensch zu werden.
Ob wir nun die Selbstversorger-Brille tragen, oder nicht, ist nicht wichtig. Wir sind geistige Empörer, die zufällig eine Gießkanne in der Hand haben. Wir sind, wer wir sind und wir gießen täglich unsere Idee von einer schönen Welt. Viele Menschen sehen durch andere Brillen das Gleiche. Psst! Bis der Asphalt eines Tages aufbricht. Oder tut er das schon?
21. November 2016 um 9:42
Schön geschrieben.
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21. November 2016 um 18:56
Wie schön, wieder von dir hören!!! Ich habe mich schon gefragt, wie es euch mit president elected geht…
Mir geht es ganz ähnlich wie dir: Bei jedem “Teil“, das ich selber machen kann, strecke ich der Konsumgesellschaft ein Stück weit die Zunge raus:“Ätsch, bätsch, selber groß“… Obwohl ich natürlich weiß, dass ich zu einem Großteil im System festhänge. Aber ein kleiner Teil hat sich losgestrampelt und das macht Spaß, ist ungeheuer spannend und steckt auch andere an… Danke, für deine Zeilen!!!!
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21. November 2016 um 19:34
Danke Kirsten fuer Deinen Newsletter, Du sprist mir aus dem Herzen!
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21. November 2016 um 21:10
Hat dies auf Fundstücke aus dem Internet rebloggt und kommentierte:
Auf die Rebellion – widerstand ist zweckmäßig! Danke für den tollen Beitrag, der mich wirklich sehr angesprochen hat.
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21. November 2016 um 23:19
Toll Kirsten, vielen Dank für diesen Text, werde ihn auf meinem Blog teilet.com verlinken, ganz in meinem Sinn! Liebe Grüsse aus der Schweiz
Susanne
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21. November 2016 um 23:20
… und nicht zu vergessen – die wunderschönen Bilder!!
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23. November 2016 um 23:58
http://www.teilet.com/single-post/2016/11/22/Novemberschmetterlinge 😉
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29. November 2016 um 10:15
Vielen Dank für Deinen Beitrag. Du sprichst mir aus der Seele. Leider habe ich nur einen kleinen Garten (110 qm). Trotzdem versuche ich Blumen und „Selbstversorgung“ zu kombinieren. Mein Versuch mit Kartoffeln- und Gemüsetürmen hat leider nicht so wirklich funktioniert. Aber bei meinen kleinen Obstbäume (Säulen- und Buschobst) ging schon etwas. Insgesamt etwas über 100 unterschiedliche Äpfel geerntet, Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Tomaten, Gurke, Erbsen und Kräuter. Mein Sohn hat zum erten Mal in seinem Leben erfahren, wie gut eine Gurke (für Salat) schmecken kann.
Wenn ich mit unserem Hund durch den Wald gehe es wie heute überhaucht ist von Frost und die Sonne scheint, denke ich oft „warum kann es nicht immer so friedlich sein?“.
Weiterhin gutes Gelingen und eine schöne Adventszeit.
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13. Februar 2017 um 14:01
Schöner Beitrag, prima Website, tolle Fotos
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