Wenn die Sonnenblumen verwelken, die Erbsen schlapp in ihrem Stützgerüst hängen und die Tomatenblätter braun werden, dann fragt man sich: Schon wieder alles falsch gemacht oder ist einfach nur Herbst? In beiden Fällen sind Selbstversorger-Anfänger wie wir reif für den Bau eines eigenen Komposthaufens, auf dem man alle Gartenabfälle los wird und so nebenbei Medizin für den Garten gewinnt. Kompost verbessert die Bodenstruktur und die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen. Er gibt den Boden neue Nährstoff-Nahrung und stärkt die Abwehrkräfte der Pflanzen gegen Schädlinge und Pilze. Der Komposthaufen verzaubert den Abfall in Medizin. Klar, denken wir, den können wir gebrauchen. Aber, wie baut man so eine magische Kiste?
Einerseits kann man aus dem Aufbau und der Pflege eines Komposthaufens eine Wissenschaft machen. Andererseits kann man einfach alles auf einen Haufen schmeißen und warten. Wir wählen den Mittelweg und wollen etwas Ahnung ergattern, auf einem Kurs bei Cynthia Sandberg auf der Love Apple Farms.
Die wohl einfachste, selbstgebaute Kompost-Variante steht schon bereit: Eisenstangen in den Boden, Hühnerzaun herumwickeln, mit Schattensegel ummanteln. Daneben liegen die Zutaten für unseren Abfallverwertungs-Hexenkessel: Küchenabfälle von Gemüseresten bis Kaffeesatz und Eierschalen, Asche aus dem Holzofen, Gartenabfälle von Laub bis Rasenschnitt, Karton und Zeitungspapier.
Der Komposthaufen wird wie eine Lasagne geschichtet. Die unterste Schicht soll eine Luftzufuhr ermöglichen und besteht aus hartem Material wie Holzästen und Sonnenblumen-Stängel. Danach wird abgewechselt:
- Eine Schicht mit Grünzeug von Gemüseresten bis Rasenschnitt liefert den Stickstoff
- Eine Schicht mit Braunzeug von Karton und Zeitung bis Eierschalen liefert den Kohlenstoff
- Eine Schicht Feuchtigkeit aus dem Gartenschlauch liefert den nötigen Anstoss für den Zauberprozess
Was nun im Komposthaufen passiert, lesen wir in Wolf-Dieter Storls Buch „Der Selbstversorger“ nach.
Die Magie der Verrottung geschieht heimlich im Dunkeln in drei Phasen:
- Jugendalter: Der Komposthaufen wird heiß und Kleinlebewesen wie Pilze, Strahlenpilze und sporenbildende Bakterien ziehen ein. Sie zerlegen und zersetzen die organische Materie. Unliebsame Krankheitsstoffe sterben in der Hitze.
- Mittelalter: Der Komposthaufen kühlt nach einigen Wochen ab. Eine vielfältige mikrobielle Mischflora übernimmt das Ruder. Die Mistwürmer kommen und nehmen die von den Pilzen vorverdauten Pflanzenreste auf, um Humus aufzubauen.
- Rentenalter: Der Komposthaufen ist kalt und besteht aus lockerem, erdig riechendem Humus. Die Mistwürmer ziehen sich zurück und die Bodentierchen wie Tausendfüßler und Ohrenkneifer nehmen in der obersten Schicht Platz. Das ist das Ende des Komposthaufens und gleichzeitig sein Neubeginn im Garten.
Wir wissen nun wenig genug, um uns unbedarft ans Werk zu wagen. Im Baumarkt fragen wir nach gebrauchten Holzpaletten und bekommen prompt sechs Stück geschenkt. Die Paletten betackern wir mit engem Maschendraht, damit keine Tiere hinein und keine Pflanzenreste herraus kommen.
Unser Hund beäugt das Tun etwas skeptisch, schließlich sieht er uns Schrauben schräg ansetzen, U-Nägel wutentbrannt schief reinhauen und die Wasserwaage verfluchen. Wer hätte gedacht, dass Holzpaletten so hart sein können.
Schließlich steht das Meisterwerk doch und wir freuen uns aufs Befüllen mit den bereits gesammelten Gartenabfällen. Es ist ein schönes Gefühl, die viel bewässerten und gepflegten, aber wenig Erbsen tragenden Erbsen in guten Zauberhänden zu wissen. Es ist nicht mehr frustrierend, die misslungene, gelb-bittere Gurkenernte mit dem Hammer zu zermatschen und der Magie der Verrottung zu überlassen. Plötzlich macht es Spaß, Küchenabfälle wegzuschmeissen, völlig ohne schlechtes Gewissen. Wir sind die Guten, zumindest für einen klitzekleinen Moment.
Pingback: Die Psychologie der Gartenerde und der Wurmtee | traum selbstversorger
16. September 2015 um 13:38
Das ist ja sehr interessant, was du da schreibst! Die „Lasagnenschichtung“ des Komposthaufens kannte ich bisher noch nicht! Da wir gerade dabei sind, ein Hochbeet anzulegen und ich bei Schicht 3 (unfertiger Kompost) bin, den ich über den Winter drauf werfe, werde ich immer mal wieder auch Papier zwischenlagern – bin gespannt… Und drücke euch die Daumen, dass alles klappt und ihr die Bodenqualität so verbessern könnt!
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16. September 2015 um 22:40
Danke Dir! Daumen drücken können wir immer gebrauchen 🙂 Und Dir viel Erfolg mit dem Hochbeet!
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