traum selbstversorger

Wie werde ich Selbstversorger in kleinen Schritten

Lord of the Melonette

Ein Kommentar

Es gibt ihn tatsächlich, den „Lord of the Gourd“, den Herrn des Kürbis, jedes Jahr aufs neue nach Halloween in – wie kann es anders sein – den USA. Da wird nämlich die Weltmeisterschaft im Kürbisweitwurf mit Maschinen ausgetragen. Es gibt auch den diesjährigen Weltrekordkürbis von 951 kg, von einem Schweizer, gekürt in Klaistow (Potsdam-Mittelmark) – nach den Regeln der internationalen Vereinigung Great Pumpkin Commonwealth. Aha. „Atlantic Giant“ heißt die Riesensorte Kürbis. Da können wir mit unseren gerade frisch geernteten, stinknormalen Hokkaidokürbissen nicht mithalten, weder größen- noch wurftechnisch.

Hatten wir ja auch nicht vor. Wir wollen die einmachen, und zwar in süß-sauer, zusammen mit – haha – dem Kürbis mit dem vielleicht längsten Namen der Welt: Gartenkürbis Melonette Jaspee de Vandee. Der ist gelb und soll süß schmecken. Mal sehen.

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Wir haben einen Haufen neue Einmachgläser bereit gestellt, den Apfelessig brav eingekauft, Zitronen, Zimtstangen, Honig und Nelken zurecht gelegt. Jetzt zücken wir das Einmach-Buch unseres Vertrauens „Haltbarmachen in der Öko-Küche“ von Maren Bustorf-Hirsch. Warum wir dem vertrauen? Es ist alt. Also quasi per se die Oma-Geling-Garantie. Es geht los mit zwei Kilo Kürbisfleisch gewürfelt und Zitronenschalen.

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Da zwei Kilo lächerlich wenig ist in Anbetracht unserer reichen Kürbisernte und der Anzahl unserer neu gekauften Einmachgläser, verdreifachen wir mal die Zutaten und setzen den Sud aus Apfelessig, Zitronenschalen und Gewürzen auf. Das soll über Nacht durchziehen.

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Wir fangen langsam schonmal an, uns anderen Dingen des Alltags zu zuwenden und Kürbis-Pause zu machen. Während wir über ganz andere Dinge reden, fällt uns ein fataler Fehler auf. Wir hasten wieder nach draußen und holen frischen Kürbisnachschub, zerkleinern, würfeln, wiegen ab. Wir haben alle Zutaten verdreifacht, nur die Menge Kürbis nicht! Jetzt aber ist alles gut. Oder? Irgendwie ist die Flüssigkeit nun viel weniger und das Kürbisfleisch natürlich mehr. Seltsam. Aber so steht es ja in unserem Oma-Geling-Garantie-Buch und so bleibt es auch. Trotzdem schleichen wir um den Topf, rühren hier und da, damit jedes Kürbisstück wenigstens für eine Weile im Essig-Sud liegt und nicht nur an der Luft.

Am nächsten Tag heißt es Sud und Kürbisfleisch wieder trennen. Der Sud wird mit Honig zusammen nochmal aufgekocht, dann Kürbisfleisch wieder rein und alles zusammen weiter kochen. Uns kommt das mittlerweile mehr als seltsam vor mit der wenigen Flüssigkeit. Kurzentschlossen gießen wir heißes Wasser nach. Tja, der Topf ist wohl zu groß für unsere Herdplatte, wirklich kochen tut das Ganze nicht. Schwamm drüber, wir sind sowieso beschäftigt mit dem sterilisieren der Gläser und üben uns im Wasserbad-Gläser-Jonglieren mit der Holz-Spaghetti-Zange. Zum Profi ist es noch ein klitzekleines Schrittchen, wie unser Equipment verrät. Dann ist es soweit: Gläser befüllen. Erst das Kürbisfleisch, dann der Sud darüber… und? Genau, viel zu wenig Flüssigkeit. Eigentlich soll die alles Kürbisfleisch im Glas bedecken, damit nichts angammelt. Hurtig nochmal Essig und Wasser aufgekocht. Mist, kein Honig mehr da, also eben Apfeldicksaft zum Süßen dazu geben. So, jetzt aber, Gläser weiter auffüllen…. und? Langt immer noch nicht. Schei… auf den einen Zentimeter. Wir machen die Gläser zu.

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Die Stückchen, die beim Gläser befüllen daneben gefallen sind, schmecken sehr knackig bis noch roh, recht essrig mit einem Hauch Weihnachten. Nicht wirklich ein Brüller, aber das zieht bestimmt noch durch. Was dagegen ganz hervorragend schmeckt, ist mit Öl im Ofen gebackene Hokkaido-Melonetten-Mischung, die wir uns redlich verdient haben nach dem umfangreichen Abwasch.

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Ein paar Tage später erzähle ich meiner Lieblings-Bio-Gärtnerin von unserem heldenhaften Kürbiskampf. Sie fragt: „Welche Sorte habt ihr genommen?“ und meint dann: „Das geht nicht gut. Ihr müsst den ‚Großen Zentner‘ nehmen, das ist die richtige Sorte zum Einmachen.“ Bitte? Im Rezept steht nur etwas von Kürbisfleisch, weit und breit nichts von einer speziell geeigneten Kürbissorte. Sie fragt: „Wie alt ist denn euer Einmach-Buch?“ und meint dann: „klar, das ist zu alt, damals gab es nur eine Kürbissorte, nämlich den ‚Großen Zentner‘.“ Haben wir wieder was gelernt. Für den Fall, dass wir im Winter eines der Gläser öffnen und der Inhalt angeschimmelt ist oder gar nicht schmeckt, haben wir eine Idee: Die Kürbis-Süß-Sauer-Einmachgläser-Weitwurf-Weltmeisterschaft gründen.

Ein Kommentar zu “Lord of the Melonette

  1. Gaaaanz schön geschrieben, Schnuck

    On Fri, Oct 10, 2014 at 5:44 AM, traum selbstversorger

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