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Wie werde ich Selbstversorger in kleinen Schritten

Kräutermedizin selbst gemacht (Teil 2)

4 Kommentare

Die großmütterliche Welt der alten Hausmittelchen und der Kräutermedizin lässt mich so schnell nicht los und zum Glück ist unser Programm in der Kräuterschule Ohlone Herbal Center noch nicht zu Ende. Im ersten Teil von „Kräutermedizin selbst gemacht“ ging es um Medizinwässer, Kräuteröle & Tinkturen. Jetzt stehen mir exotisch anmutende Kräuterabenteuer wie Oxymel, Elixir, Cordial und Electuarium bevor. Das hört sich ziemlich Lateinisch und mittelalterlich an. Ist es auch. Ein Electuarium war ein heilkräftiges „Leckmittel“ in der Klostermedizin, das zuvor schon die alten Ägypter und Ayurvedische Ärzte einsetzten. Ein Cordial (lat. ‚cor‘: Herz) war so etwas wie der herzstärkende Energy Drink in der Renaissance. Das Elixir (arabisch ‚al iksir‘: magische Substanz) war bereits bei den Alchemisten der Antike bekannt. Was rede ich hier von großmütterlichen Hausmittelchen! Es geht ums „Eingemachte“ der menschlichen Heilsgeschichte.

Electuarium: Wie Kräutergold auf der Zunge zergeht

Wir machen als erstes ein Electuarium, das Stress abbauen und die Balance wieder herstellen soll. Dazu verwenden wir die Ayurvedischen Kräuter Ashwaganda und Shatavari, sowie Stockmalve, Ingwer und Tulsi. 1-2 Esslöffel pulverisierte Kräuter kommen in 30 Gramm Honig.

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Noch nie habe ich etwas von Ashwaganda und Shatavari gehört. Ich wusste nicht, dass Ashwaganda zu den Nachtschattengewächsen gehört, man die Wurzeln verwendet und die Früchte wie Physalis aussehen. Shatavari ist eine Spargelart.

Während wir die Kräuter mit einem großen Zimtstab verrühren und in den Honig geben, erzählt uns eine Kursteilnehmerin von ihren Erfahrungen mit Ashwaganda. Als sie beruflich völlig überlastet war, hat ihr Ashwaganda innerhalb kurzer Zeit wieder Kraft und eine neue Perspektive gegeben. Hm. So werde ich natürlich neugierig und lecke an dem „Leckmittel“, das wir gerade in kleine Gläschen füllen.

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Momentan habe ich kein Stressproblem und kann nur eins sagen: Lecker Feinschmeckerhonig!

Essig & Oxymel: Ein Tropfen von Feuer

Essig, insbesondere natürlicher Apfelessig, gleicht den ph-Wert im Körper aus. Für mich als Dunkelschokoladen-Junkie bedeutet das: Her damit! Mein schlechtes Gewissen gilt zwar eher dem Speckansatz und nicht dem zuckerverseuchten ph-Werts meines Magens, aber ein basisches Gegengewicht kann nicht schaden. Mit den richtigen Kräutern im Essig kann man den Magen auf Trapp bringen und gleichzeitig etwas für das Immunsystem tun.

Gibt man noch Honig hinzu wird aus dem Kräuteressig ein Oxymel, das man auch als Salat-Dressing oder Marinade verwenden kann. Fast nebenbei nimmt man Medizin. Wir wollen feurige Medizin und machen „Fire Cider“ à la Rosemary Gladstar, eine amerikanische Kräuterkennerin und Buchautorin.

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  • 1/2 Tasse Meerrettich & 1/2 Tasse Zwiebeln (wir nehmen Rote)
  • 1/4 Tasse Knoblauch & 1/4 Tasse Ingwer
  • Nach Wunsch Cayenne Pfeffer, Zimt, Echinacea (wir nehmen frischen Blutorangensaft)
  • Alles kleinschneiden, in ein Glas geben und mit Apfelessig bedecken
  • Deckel schließen und 3-4 Wochen ziehen lassen (Plastikfolie zwischen Deckel und Glas)
  • Kräuter abseihen und erwärmten Honig nach Geschmack dazugeben

Mich fasziniert das farbenfrohe Gemisch, von dem ich in Deutschland noch nie gehört hatte. Als wir es nach drei Wochen abseihen und in ein kleines Fläschchen füllen ist es rosa geworden. Es schmeckt vorwiegend nach Knoblauch, ist feurig ohne schlimm scharf zu sein und gibt mir einen kleinen, geschmacklichen „Hallo-Wach-Kick“.

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Vielleicht darf ich „Fire Cider“ gar nicht laut sagen. Das alte Hausmittel zur Anregung der Verdauung und Erkältungsvorsorge sorgt hier in den USA für beachtlichen Wirbel. Eine Firma hat den Namen schützen lassen und verklagt Kräutermenschen, die ihr eigenes Gemisch von „Fire Cider“ verkaufen und auch so nennen. Nur steht der Name seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrhunderten, für ein Hausmittel und nicht für das Produkt einer Firma.

Elixier & Cordial: Die bittersüße Kräuter-Versuchung

So ganz habe ich den Unterschied zwischen Elixier und Cordial nicht verstanden. Für unsere Lehrerin Liz sind die Begriffe austauschbar. Beides ist Alkohol und Honig mit Kräutern. Vielleicht ist ein Cordial etwas süßer, da es ursprünglich mit getrockneten Früchten gemacht wurde und ein Elixier ein wenig bitterer, weil man Kräuter und Wurzeln dafür verwendet. Sei es drum. Wir machen ein verdauungsförderndes Wurzel-Cordial (oder Elixier?).

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Leber reinigend, Blut bildend und reich an Eisen ist unsere Mischung aus:

  • Löwenzahn-Wurzel
  • Krauser Ampfer-Wurzel
  • Kletten-Wurzel
  • Zimt und Kakao

Wir zerkleinern die Kakao- und Wurzel-Stückchen im Mörser, um die Aromen zu entfesseln. Dazu gießen wir ordentlich Brandy und der Reifungsprozess unseres Gebräus kann beginnen. Nach drei Wochen (ein bis zwei Monate würden auch passen) seihen wir die Wurzelstückchen durch ein Tuch ab und erhalten eine bräunliche Flüssigkeit. Die messen wir ab und geben auf drei Tassen Kräuter-Brandy eine halbe Tasse Honig hinzu. Es schmeckt weihnachtlich nach Zimt-Brandy.

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Nach vier Abenden Kräuterkurs sind aus unseren Kräuteransätzen in Oma-Einmach-Optik viele kleine Pipetten-Fläschen geworden, die mit einem professionellen Schild auch gut in der Apotheke stehen könnten.

Sirup haben wir diesmal keinen gemacht. Den gibt es aber als Holler-Sirup zum Nachlesen.

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Ich eröffne im Eierfach meines Kühlschranks meine erste Kräuter-Bar und stehe nun täglich vor der Entscheidung: Ein bisschen Fire Cider oder Löwenzahn-Cordial? Vielleicht lieber Tulsi-Tinktur? Ach, was soll’s. Ich nehme alles. Grüne Grüße an Körper und Geist. Mögen die Pflanzenwesen heute mit mir sein.

Was habt ihr für Erfahrungen mit Kräutergeistern in der Flasche gemacht? Und ist der Fire Cider auch irgendwo in Europa ein altes Hausrezept?

4 Kommentare zu “Kräutermedizin selbst gemacht (Teil 2)

  1. Ich lese voller Interesse deine Beiträge. Schön dass du dort auf der anderen Seite der Welt so viel neues lernst. 😉

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  2. Hat dies auf Fundstücke aus dem Internet rebloggt und kommentierte:
    Weiter geht es mit dem 2. Teil, der ja gleich noch spannender ist, als der erste. Ausgesprochen informativ, vielen lieben Dank!

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  3. Pingback: Kräutermedizin selbst gemacht (Teil 1) | traum selbstversorger

  4. Pingback: Auf Nimmer Wiederhusten: Bester Thymian-Sirup | traum selbstversorger

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