So ein Tag im (Anfänger-) Selbstversorger-Leben kann ganz schön schlauchen. Nehmen wir zum Beispiel den Tag, der mit der Traubenflut begann und mit der Apfelwut endete. Da steckte alles drin, von der Schnulze bis zum Horror. Man könnte also loslegen mit…
„Als die morgendlichen Sonnenstrahlen durch den Garten glitzerten, begannen die üppigen Weintrauben, die an der Hauswand entlang ranken, verlockend violett zu schimmern. Das Herz der Selbstversorger hüpfte beim Anblick dieser Pracht. Frohgemut und die Großzügigkeit der Natur preisend, liehen sie sich die große Leiter von Nachbar Franz und schickten sich an, dem süßen Duft der kletternden Reben gen Himmel zu folgen.“
Ja, so war das. Es war aber irgendwie auch anders….
„Als der nächtliche Nebel sich lichtete und den Morgentau an die Sonne verriet, hätten die (Anfänger-) Selbstversorger wissen müssen, wie flüchtig die Natur ihre Gunst verteilt. Doch verlockten die üppigen Weintrauben, die an der Hauswand entlang ranken, zu großen Taten. Nichtsahnend und frohgemut stürzten sie sich auf die violett schimmernde Pracht. Während sich auf dem Apfelbaum bereits zusammenbraute, was bei Einbruch der Dunkelheit ihr nervlicher Untergang sein würde. Sie werden sich noch wünschen, diese eine, spontane Idee, nie gehabt zu haben: ‚Wenn wir schon die Leiter von Franz haben, können wir doch gleich auch ein paar Äpfel ernten“.
Das mit den Äpfeln wäre nicht so schlimm gewesen, wenn so ein Traubentag nicht recht anstrengend wäre. Man muss ja erstmal eine schwere Leiter schleppen und sich darauf weit recken, um möglichst auch an die schönsten Trauben, die immer weit oben wachsen, zu kommen. Manchmal muss man auf der gefüllten Regentonne balancieren, weil die der Leiter im Weg steht und die zweitschönsten Trauben genau über der Regentonne wachsen. Danach schleppt man einen toll gefüllten Korb in die Küche und schmeißt den Entsafter an.
Während der Entsafter erstmal heiß werden muss, wäscht man die Trauben. Parallel dazu wird heißes Wasser zum Sterilisieren der Glasflaschen vorbereitet. Wer jetzt meint, alles easy, während der Entsafter entsaftet hat man ja Pause, der irrt. Es geht ungefähr so: Entsafter befüllen und 45 Minuten „warten“, indem man weiter Trauben wäscht, weiter Gläser sterilisiert, nochmal neue Trauben erntet, Behälter einer nie geahnten Größe sucht, um die gewaschenen Trauben zwischenzulagern, Behälter einer nie geahnten Größe sucht, um die verbrauchten Entsafter-Trauben auf den Kompost zu bringen, die verbrauchten Entsafter-Trauben tatsächlich auf den Kompost bringen, die Hunde von den geernteten Trauben fernhalten, das Wasser des Entsafters nachfüllen, schnell frische Küchenhandtücher suchen, damit man sich beim Abfüllen nicht die Hände verbrennt, die größte Sauerei an zertretenen Trauben zwischendurch vom Boden aufsammeln, ach ja – zwischendrin Äpfel vom Baum holen und vom Gartenboden aufheben und schälen und kleinschneiden, dann wieder mal den Deckel des Entsafters heben, um den Stand zu kontrollieren, sich den Kopf zerbrechen, ob das was man an Saft sieht nun schon in eine Flasche passt, usw.
Endlich die Flaschen befüllen, zuschrauben, umgedreht hinstellen, stolz und glücklich sein!
Und nun kommen die Äpfel dran.
Dass die entweder faulig oder verwurmt vom Baum fallen, hat uns nicht abgeschreckt. Im Ganzen waren es 5 – sprich: fünf – makellose Äpfel aus gefühlten Tausend. Mutig haben wir geschält, gesäubert und gesäubert, geschält. Rein in den Entsafter damit. Lange passiert nichts. Schließlich entsteht eine Art Apfelpuff, aber Saft kommt deswegen noch lange keiner raus. Weiter warten, Apfelpuffreis entfernen, neue Apfelstückchen im Entsafter nachlegen. Aha. Ein paar Tropfen Saft sammeln sich.
Was machen wir jetzt mit den Mengen an Apfelpuff? Einfach wegschmeissen, weil eigentlich schon der ganze Saft draussen ist? Irgendwie bekommen wir das nicht übers Herz. Also mit heißem Wasser, Zimt und Zucker nochmal aufkochen und als Apfelmus in Gläser abfüllen. Nach drei Gläsern fällt uns auf, wie spät es schon ist, wie kaputt wir sind und, – dass der mittlerweile fertige Apfelsaft (ca. 1 Liter aus wirklich, wirklich vielen kleingeschnipselten Äpfeln) gar nicht schmeckt. Das wars dann. Die Apfelwut hat uns erwischt. Wir haben keine Lust mehr und entsorgen den Rest Apfelpuff demonstrativ schnaubend, trotzig und fluchend. Vermutlich bleibt die eine Flasche Apfelsaft bis zum nächsten Herbst unberührt im Keller. Bis dahin haben wir uns wieder beruhigt, die Gunst der Natur erwischt vielleicht dann den Apfelbaum (also schöne Äpfel ohne Würmer und Fäulnis) und wir machen gleich Apfelmus, ohne Saftumweg.
1. Oktober 2014 um 15:01
Ach ja, vergessen zu schreiben: Der Traubensaft schmeckt lecker!
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1. Oktober 2014 um 18:18
Da hatte ich mit den Äpfeln viel mehr Glück.
Bericht folgt…
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1. Oktober 2014 um 18:38
Neid 🙂 Ich freue mich auf Deinen Gastbeitrag und bin gespannt!
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