Duschgel und Handseife in Plastikspendern? Körperhygiene muss doch auch umweltfreundlich gehen, ohne Müll zu produzieren! Gut, dann kaufen wir eben Seifenstücke. Ach, herjeh, selbst beim Erwerb eines simplen Seifenstücks kommen wir bei den Inhaltsstoffen an die eigenen ethischen Grenzen – von chemischen Duftstoffen und genmanipuliertem Sojaöl bis zu Regenwald zerstörendem Palmöl. Uns bleibt nichts anderes übrig: Wir machen Seife einfach selber. Ist das so kompliziert wie es sich anhört?
Erste Hinweise zur Seifenherstellung gibt es bei den Sumerern vor 4500 Jahren, im alten Ägypten, bei den antiken Griechen und Römern. Jeder, der einmal Campen war, kann die Entdeckung der Seifenwirkung einfach nachempfinden. Die Holzasche des Lagerfeuers schäumt, wenn man eine fettige Pfanne damit ausreibt. So ergibt sich die ursprüngliche Art, Seife herzustellen, wie es John Seymour in seinem Buch „Vergessene Künste“ beschreibt: Aus Pflanzenasche und Tierfett.
Das Rinder-, Schaf- oder Schweinefett wird mit Wasser ausgekocht. Regenwasser wird durch einen Filterprozeß im Holzfass – gefüllt mit Hartholzasche, Stroh und Kiesel – in Lauge verwandelt. Die Lauge wird danach gekocht, bis ein frisches Ei auf der Oberfläche schwimmt.
Das ist erstmal viel zu kompliziert für uns Anfänger. Wir suchen eine einfache Alternative und wollen auffrischen, was wir vor langem im Kurs des Mienbacher Waldgartens übers Seifesieden gelernt hatten.
Erste Schritte im Seifesieden
Wir treffen Garimo in seinem charmanten Laden „Garimo’s Real Soap Studio“ in Felton, Kalifornien. Der liebenswerte Seifenprofi zeigt uns heute das Seifesieden und erklärt gleich, was eine Seife eigentlich ist:
Die Seife ist das Ergebnis, wenn Fette mit Natriumhydroxid (Ätznatron) vermischt werden. Die chemische Reaktion der Verseifung verändert die Struktur der Inhaltsstoffe. Danach gibt es kein Fett und keine Lauge mehr, sondern Natriumsalze (aus den Fetten) und Glycerin.
Unsere Materialien liegen schon auf Garimos Arbeitstisch bereit:
- Ein Zauberstab, um die Rührzeit von einer Stunde auf 5 Minuten zu verkürzen
- Eine präzise Küchenwage zum Abwiegen der Zutaten
- Ein Topf aus Edelstahl zum Erhitzen der Fette (keine Aluminium-, Teflon- oder Eisen-Behälter)
- Eine Schüssel aus Edelstahl oder hitzebeständigem Glas für die Lauge
- Einen Tortenheber und Löffel zum Mixen und Auskratzen (kein Holzlöffel)
- Einen Küchenthermometer, um die Temperatur von Fett und Lauge genau zu beobachten
- Eine Seifenform zum Erkaltenlassen der Seifenmischung
- Backpapier zum Auslegen der Seifenform
- Alte Badehandtücher als Isolation für die Seifenmischung in den ersten 48 Stunden
- Schutzbrille und Haushaltshandschuhe (falls gewünscht)
Der Knackpunkt bei der Seifenherstellung ist die Mischung der Fette und Öle mit der Lauge (Ätznatron und Wasser).
Je mehr Ätznatron man nimmt, desto aggressiver und härter ist die Seife. Für die Körperpflege braucht man eine mildere Seife, bei der ein Teil der Fette und Öle erhalten bleibt, um den Säureschutzmantel der Haut zu schonen. Man sagt dann, die Seife ist „überfettet“.
Nun müsste es eigentlich kompliziert werden mit allerlei Rechnerei mit Hilfe von Verseifungstabellen und der Auswahl des richtigen Überfettungsgrades. Aber im Internet gibt es Seifenrechner, die das Seifesieden wesentlich erleichtern. Wir geben dort ein, wieviel von welchem Fett wir verwenden und bekommen eine Tabelle, welche Mengen von Wasser und Ätznatron wir brauchen. Kein Kopfzerbrechen mehr!
Die kalt gerührte Naturseife
Als erstes fügen wir die Seifenform aus Holz zusammen und legen sie mit Backpapier aus. Garimo hat die Form selbst geschreinert. Wir freuen uns darüber, wie wichtig ihm hochqualitative, biologische und nachhaltig gewonnene Zutaten sind. Sein Palmöl kommt beispielsweise von einer Farm, die von Greenpeace ausgezeichnet wurde.
Wir wiegen die Öle und Fette ab und erhitzen sie in einem Topf aus Edelstahl auf 38 – 40 Grad Celsius. Währenddessen sagt uns der Seifenrechner, wieviel destilliertes Wasser und Ätznatron wir brauchen. Das ist der Moment, wo manche eine Schutzbrille und Handschuhe tragen. Wenigstens aber sollte man: Immer wieder Hände waschen und nach Kontakt mit der Lauge oder der Seifenmischung ja nicht das Gesicht berühren. Ätznatron kann die Haut angreifen und in Verbindung mit Wasser sogar vulkanartige Effekte hervorrufen.
Erst das Wasser in ein hitzebeständiges Glas füllen und danach das Ätznatron zugeben. Nicht umgekehrt. Rühren. Das Glas erhitzt sich und die Mischung gibt giftige Dämpfe ab. Also nur im Freien oder unter einem starken Abzug ansetzen.
Unsere Laugenmischung kühlen wir im Wasserbad auf 37 Grad Celsius runter und mischen sie dann in die geschmolzenen Fette. Nach kurzer Zeit des Rührens mit dem Zauberstab wird die Lauge-Fett-Mischung beinahe puddingartig.
Wenn einzelne Tropfen auf der Oberfläche der Mischung eine Spur hinterlassen, ist die Seifenmischung bereit, weiter verfeinert zu werden – mit Ätherischen Ölen, farbiger Tonerde oder Kräuterstreuseln.
Danach gießen wir die Seifenmischung in ihre Holzform, decken sie mit Backpapier ab und wickeln sie in alte Handtücher ein. So soll die Seifenmischung 2 Tage ruhen.
Garimos Seifenrezept
- 283 gr. Olivenöl (feuchtigkeitsspendend)
- 227 gr. Kokosnussfett (bildet guten Seifenschaum)
- 227 gr. nachhaltig angebautes Palmfett (sorgt für die Härte des Seifenstücks und guten Schaum)
- 227 gr. nicht genmanipuliertes Sojaöl (kosteneffektiv, mild und feuchtigkeitsspendend)
- 320 ml. destilliertes Wasser
- 135 gr. Ätznatron
- 50 – 70 ml. Ätherisches Öl nach Wahl
- 10 gr. farbige Tonerde nach Wahl
- 50 – 60 gr. Kräuterstreusel nach Wahl
Seife schneiden und lagern
Nach den zwei Ruhetagen kommen wir wieder in Garimos Seifenladen und packen unsere Seifenformen aus. Der getrocknete Seifenblock ist noch weichlich und duftet herrlich. Wir haben eine Pfefferminzseife mit Pfefferminstreuseln, eine Rosmarinseife mit rosa Tonerde, eine Teebaumölseife mit Mohnstreuseln und eine Resteseife mit ein bisschen von Allem.
Der Seifenblock passt genau in Garimos Schneideform, in deren Seiten ein Schlitz für das Seifenmesser ist. Es fühlt sich an, als würden wir durch halbgekühlte Butter schneiden, während das Messer durch die Seife gleitet. Umgeben von Rosmarin-, Pfefferminz- und Teebaumölduft sind wir stolz auf unsere Seifenausbeute. Das reicht bestimmt für ein ganzes Jahr.
Die Seife muss drei bis vier Wochen nachreifen, da ungefähr zehn Prozent der Verseifung noch im Ruhezustand stattfindet.
Wir stellen die Seifen in unserer Speisekammer auf. Die einzelnen Stücke stehen auf der Seite und berühren kein anderes Seifenstück, damit überall Luft hinkommt. Jetzt heißt es leider warten.
Jeder Gang in die Speisekammer wird zu einem aromatischen Dufterlebnis. Die ätherischen Öle der Seifenstücke scheinen uns zuzurufen: Nimm uns mit in die Dusche! Nein, ihr betörenden Waschutensilien, so gern wir auch wollen würden, ihr müsst noch warten.
Danke, lieber Garimo von „Garimo’s Real Soap Studio“ für einen schönen Kurs und eine tolle Seifenausbeute.
Hier sind noch ein paar ützliche Links fürs Selbermachen:
Rohstoffe und Natriumhydroxid für die Seifenherstellung von „Sansavon“
Der Seifenrechner von „Tuula Seifen“
Verseifungstabelle von „Pflegeseifen“
8. November 2017 um 19:49
Sehr interessant!
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8. November 2017 um 22:19
Vielen Dank für die Erinnerung – das steht schon lange auf meiner „das-muss-ich-unbedingt-auch-ausprobieren“-Liste! Bis jetzt hab ich die Seifen z.b. auch Haarseifen statt Shampoo – meist von „Selbermachern“ gekauft, die müssen ja auch leben 😉 z.B. hier, die unbeduftete Salzseife finde ich „dufte“ 😉 https://www.seifenmanufaktur-mehlhose.de
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9. November 2017 um 5:06
Vielen Dank für den wunderschönen Beitrag. Er ist nicht nur ansehnlich durch die schönen Bilder, sondern auch informativ. Ich bin selber begeisterter natürliche Seifen Benutzer und gebrauche gar nicht anderes mehr. Wie schön, wenn man so jemanden wie Garimo kennenlernen kann um von ihm aus erster Hand zu lernen. Allein der Laden mit den vielen unterschiedliche Zutaten ist eine Augenweide und animiert zum Selbermachen. Was gibt es schöneres in den Tag, als mit einem guten Stück Seife das die Sinne belebt zu starten. Wunderbar.
Ich werde bestimmt öfter bei Dir im Blog vorbeischauen, bin ich doch ein ausgemachter selfmade Freund und sehe zu, das alles mit ausgesuchten Zutaten ins Haus kommt und dort für den Eigenbedarf hergestellt wird.
Vielen Dank nochmal und die besten Wünsche
Rabe
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9. November 2017 um 7:56
Dankeschön, lieber Rabe! Freut mich sehr, wenn Du öfter vorbei schaust. Viele Grüße, Kirsten
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